Detektiveinsatz in Unternehmen
Der Einsatz von Privatdetektiven zur Überwachung von Arbeitnehmern bei der Erfüllung ihrer Arbeitspflicht obliegt nicht der Mitbestimmung des Betriebsrates (Bundesarbeitsgericht 1 ABR 26/90). In dem Rechtsstreit ging es darum, dass ein Prüfer eines baden-württembergischen TÜV im Verdacht stand, einen illegalen Handel mit Prüfplaketten für nicht verkehrssichere Fahrzeuge zu betreiben. Der Arbeitgeber beauftragte daraufhin einen Detektiv, der den Verdächtigen, als Kunde getarnt, überführte.
- Außerdem, heißt es in den Gründen, wurden Fahrzeuge des Gebrauchtwagenhändlers beobachtet, die vom verdächtigen Prüfer bei der TÜV-Prüfstelle oder in der Werkstatt des Händlers abgenommen werden sollten. Der Betriebsrat wurde bei der Beauftragung des Detektivbüros nicht beteiligt und erfuhr hiervon erst anlässlich der Anhörung zur Kündigung des Prüfers. 25
25 Bundesarbeitsgericht 1 ABR 26/90.
Mit der Auffassung, dass Detektive nur mit seiner vorherigen Zustimmung eingesetzt werden können, klagte der Betriebsrat durch alle Instanzen.
Das Bundesarbeitsgericht stellte fest, dass der Betriebsrat nach § 87 Abs. 1 Nr. 1 BetrVG zwar mitzubestimmen habe bei Fragen der Ordnung des Betriebes und des Verhaltens der Arbeitnehmer im Betrieb, nicht aber bei solchen Maßnahmen des Arbeitgebers,
- die ein Verhalten des Arbeitnehmerss betreffen, das keinen Bezug zur betrieblichen Ordnung hat, sei es, dass es sich nur auf die Arbeitsleistung des Arbeitnehmers bezieht oder in sonstiger Weise lediglich das Verhältnis des einzelnen Arbeitnehmers zum Arbeitgeber betrifft. 26
26 Raik Mickler, Daniel Reichelt, Detektiv-Kurier 03/2000, Seite 9.
- Die Überwachung der Arbeitnehmer, gleichgültig ob durch Detektive oder Vorgesetzte, hat keinen Bezug zum so genannten Ordnungsverhalten der Arbeitnehmer, sondern betrifft ausschließlich ihr Arbeitsverhalten. Mit dem Einsatz von Detektiven wird überhaupt kein Verhalten der Arbeitnehmer geregelt, ihnen kein bestimmtes Verhalten aufgegeben. Zweck des Einsatzes von Detektiven wie jeder Überwachung ist lediglich festzustellen, ob die Arbeitnehmer sich bei ihrer Arbeitsleistung so verhalten, wie sie aufgrund ihres Arbeitsvertrages ohnehin verpflichtet sind. 27
27 Raik Mickler, Daniel Reichelt, Detektiv-Kurier 03/2000, Seite 10.
Im gleichen Sinne äußert sich Peilert:
- Der Einsatz von Detektiven in Betrieben zur Überwachung von Arbeitnehmern ist nicht prinzipiell unzulässig und stellt insbesondere keinen Verstoß gegen § 75 Abs. 2 BetrVG (Schutz- und Förderpflicht von Arbeitgeber und Betriebsrat für die freie Entfaltung der Persönlichkeit der Arbeitnehmer) dar. § 75 Abs. 2 BetrVG stellt lediglich die Anforderung auf, dass Eingriffe in Persönlichkeitsrechte der Arbeitnehmer nur zulässig sind, soweit dies im konkreten Fall aufgrund überwiegender betrieblicher Belange erforderlich ist und bei einer Interessenabwägung das Schutzinteresse des Arbeitnehmers nicht überwiegt. Der Einsatz von Detektiven in Betrieben ist damit - wie allgemein auch- von einer Interessenabwägung abhängig." Ein Mitbestimmungsrecht des Betriebsrates ergibt sich nach Peilert weder aus § 87 Abs. 1 Nr. 1 BetrVG (Fragen der Ordnung des Betriebes und des Verhaltens der Arbeitgeber im Betrieb) noch aus § 87 Abs. 1 Nr. 6 BetrVG (Einführung und Anwendung von technischen Einrichtungen, die dazu bestimmt sind, das Verhalten oder die Leistung der Arbeitnehmer zu überwachen).
Einer Zustimmung des Betriebsrates nach § 99 BetrVG (Mitbestimmung bei personellen Einzelmaßnahmen) bedarf es jedoch, "wenn Privatdetektive als Arbeitnehmer im Betrieb beschäftigt werden und dabei auch als Detektiv Überwachungsaufgaben wahrnehmen sollen 28
28 Prof. Dr. Andreas Peilert, aaO, Seite 356ff.
Kameras, die in Betrieben zur Aufdeckung von groben Verletzungen der Pflichten oder von Straftaten installiert werden, sind auch dann nach § 87 Abs. 1 Nr. 6 des Betriebsverfassungsgesetzes (BetrVG) mitbestimmungspflichtig, wenn es nicht ihr direkter Zweck ist, die Arbeitsleistung der Mitarbeiter zu überwachen. Der Betriebsrat muss deshalb erst diesen Maßnahmen zustimmen, bevor sie vollzogen werden können.
Laut Müller-Dalhoff ist umstritten,
- ob das generell bei Videoüberwachungen geltende Mitbestimmungsrecht des Betriebsrates auch besteht, wenn nicht alle Mitarbeiter, sondern nur ein konkret Tatverdächtiger überwacht wird. Da es sich hierbei um einen speziellen Einzelfall handele und nicht um eine allgemeine Regelung zur Überwachung des Arbeitnehmerverhaltens, dürfte das Zustimmungserfordernis entfallen, so Müller-Dalhoff. 23
23 Müller-Dalhoff aaO, S. 86.
Anders stellt sich die Rechtslage dar, wenn private Ermittler in Betriebe eingeschleust werden, um dort Straftaten aufzuklären. Dies kann durch zwei Personengruppen veranlasst werden,
- vom Betriebsinhaber oder seinen Bevollmächtigten, zum anderen
- von Außenstehenden, die durch Straftaten, die aus dem Betrieb heraus begangen werden, betroffen sind.
Dazu Peilert:
- Schließt ein Detektiv in einem solchen Fall einen Arbeitsvertrag mit dem Betriebsinhaber ab, um diesen und seinen Betrieb ohne sein Wissen auszukundschaften, so könnte der Vertrag wegen Verstoßes gegen die guten Sitten im Sinne des § 138 BGB nichtig sein. Ob der Vertrag nichtig oder wirksam ist, kann Bedeutung für die dem Detektiv gegenüber dem Betriebsinhaber obliegenden Pflichten haben.
Nach der Rechtsprechung ist ein Rechtsgeschäft sittenwidrig, wenn es gegen das Anstandsgefühl aller billig und gerecht Denkenden verstößt. (...)
Bei einem gültigen Arbeitsvertrag zwischen dem Detektiv und dem Betriebsinhaber des auszukundschaftenden Betriebes gilt für den eingestellten Detektiv diesem gegenüber der arbeitsvertragliche Grundsatz der Treuepflicht. Dieser beinhaltet die Verschwiegenheitspflicht, die sich auf alle Geschäfts- und Betriebsgeheimnisse erstreckt. Die Verletzung der Verschwiegenheitspflicht kann eine positive Vertragsverletzung bedeuten. Fraglich ist jedoch, ob eine Verschwiegenheitspflicht auch besteht, wenn die Geheimnisse die Begehung von sittenwidrigen oder strafbaren Handlungen betreffen oder ob hier ein schutzwürdiges Interesse des Unternehmers zu verneinen ist. (...)
Peilert folgt der Auffassung, dass eine Ausnahme von der Verschwiegenheitspflicht anzuerkennen ist, "wenn sich das Geheimnis auf strafbare Handlungen und Ordnungswidrigkeiten des Arbeitgebers selbst bezieht".
Eine Verschwiegenheitspflicht auf Straftaten des Betriebsinhabers auszudehnen, hieße die Loyalität des Arbeitnehmers zu überspannen. (...) "Die arbeitsvertragliche Verschwiegenheitspflicht hindert den Detektiv also nicht, solche Ermittlungsergebnisse an seinen Auftraggeber weiterzugeben, die sitten- und rechtswidrige Praktiken in dem auszukundschaftenden Betrieb sowie Straftaten und Ordnungswidrigkeiten des Betriebsinhabers betreffen. 24
24 Prof. Dr. Andreas Peilert, aaO, Seite 359 ff.
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