Rechtliche Grenzen der Detektivarbeit
Mögliche Kollisionen detektivischer Ermittlungstätigkeit ergeben sich mit dem allgemeinen Persönlichkeitsrecht. Dieses ist aus Art. 1, 2 GG als "Quellrecht" für einzelne konkrete Situationen anerkannt. Es ist ein Rahmenrecht und bedarf als solches einer näheren Abgrenzung; sein Anwendungsbereich wird durch die Notwendigkeit der im Einzelfall festgestellten Rechtswidrigkeit begrenzt. Dabei erfolgt eine Interessenabwägung, wobei es auf das Gewicht des Eingriffs sowie auf den Zweck der Handlung ankommt. Eingriffe verlieren ihre Widerrechtlichkeit, wenn sie durch Wahrnehmung eines berechtigten Interesses gedeckt sind.
Von diesem Grundsatz ausgehend gilt für einzelne detektivtypische Situationen:
a) Überwachung, Dauerobservation
Ein Vertrag ohne berechtigtes Interesse des Auftraggebers, der zu einem Eingriff in das allgemeine Persönlichkeitsrecht gemäß Art. 1, 2 GG einer Person führt, ist nichtig. Ähnliches gilt, wenn zwar prinzipiell ein berechtigtes Interesse vorliegt (hier Beschaffung von Prozessbeweismaterial), die Observation aber in einer Art und Weise erfolgt, die schwerste Eingriffe in die Intimsphäre des Beobachteten darstellt (Verstecken eines Spitzels in der Wohnung des Ehegatten).
b) Fotografieren und Herstellen von Videos
Bei der Observationsfotografie sind rechtlich zwei Abschnitte zu unterscheiden: das Herstellen der Fotografie und das Verbreiten. Das Herstellen der Fotografie wird durch das allgemeine Persönlichkeitsrecht erfasst, das Verbreiten durch § 22 KunstUrhG.
Im einzelnen:
- (1) Herstellen der Fotografie
Es ist unstreitig, dass, obschon die Spezialnorm, § 22 KUG, nur das Verbreiten und öffentliche Zurschaustellen der hergestellten Bilder erfasst, der Bürger auch geschützt ist, soweit es die Fotografie seiner Person ohne seine Erlaubnis betrifft, und zwar aufgrund seines allgemeinen Persönlichkeitsrechtes. Auch hier gelten also wieder die allgemeinen Kriterien, wonach eine Interessenabwägung zu erfolgen hat, wobei es auf das Gewicht des Eingriffs sowie auf den Zweck der Aufnahme ankommt. Danach stellt das Fotografieren eines in der Öffentlichkeit spielenden Kindes, um Beweismittel für einen Zivilprozess zu erlangen, keine Verletzung des Persönlichkeitsrechts des Kindes dar, ebenso wenig das Fotografieren des Balkons der Wohnung einer anderen Person im Zusammenhang mit Streitigkeiten, die zu einem Prozess führen. Ein anderes Ergebnis ergibt die Güterabwägung aber, wenn der Eingriff gravierender ist, so bei unerlaubtem Einschleichen in die Wohnung und Fotografieren der Wohnung von innen.
- (2) Verbreiten der Fotografie
Als Grundsatz darf gelten, dass eine Aufnahme, die gegen den Willen des Betroffenen unter Ansehung vorstehender Güterabwägungsgrundsätze erstellt werden durfte, auch vom Detektiv an den Anwalt und vom Anwalt an Staatsanwaltschaft oder Gericht weitergegeben werden darf. Es kann nicht die Verwendung dessen untersagt werden, was erlaubt erlangt ist und wo sich die Erlaubnis gerade aus der Verwendungsabsicht ergibt.
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(3) Heimliche Videoaufnahmen
Beobachtung öffentlich zugänglicher Räume mit optisch-elektronischen Einrichtungen (Videoüberwachung) ist nur zulässig, soweit sie
- zur Aufgabenerfüllung öffentlicher Stellen
- zur Wahrnehmung des Hausrechts oder
- zur Wahrnehmung berechtigter Interessen für konkret festgelegte Zwecke erforderlich ist und soweit
- keine Anhaltspunkte bestehen, dass schutzwürdige Interessen des Betroffenen überwiegen.
Der Umstand der Beobachtung und die verantwortliche Stelle sind durch geeignete Maßnahmen erkennbar zu machen.
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Für einen anderen Zweck dürfen sie nur verarbeitet oder genutzt werden, soweit dies
- zur Abwehr von Gefahren für die staatliche und öffentliche Sicherheit sowie zur
-
- Verfolgung von Straftaten erforderlich ist.
- Werden durch Videoüberwachung erhobene Daten einer bestimmten Person zugeordnet, ist diese über eine Verarbeitung oder Nutzung entsprechend der §§ 19 a und 33 zu benachrichtigen. Die Daten sind unverzüglich zu löschen, wenn sie zur Erreichung eines Zwecks nicht mehr erforderlich sind oder schutzwürdige Interessen der Betroffenen einer weiteren Speicherung entgegenstehen.
- Diese Vorschrift erfasst nur öffentlich zugängliche Räume wie etwa Bahnsteige, Ausstellungsräume eines Museums, Verkaufsräume oder Schalterhallen. Für nicht öffentliche Räume sind besondere Regelungen, beispielsweise im Rahmen eines Arbeitnehmerdatenschutzgesetzes,
erforderlich 8
8 Schriftliche Beantwortung einer Frage des Redakteurs des Detektivkurier an den BfD vom 19. Juni 2001.
- Nach einer weiteren Mitteilung der BfD-Pressestelle fällt unter den neuen § 6 BDSG (...) grundsätzlich jede fest installierte Videokamera, die öffentlich zugängliche Räume erfasst 9
9 Schriftliche Beantwortung einer Frage des Redakteurs des Detektivkurier an den BfD vom 19. Juni 2001 durch die Pressesprecherin Helga Schumacher.
- Heimliche Videoaufnahmen in einem Betrieb hat das Bundesarbeitsgericht nicht in allen Fällen als rechtswidrig angesehen. "Eine Verletzung des Persönlichkeitsrechtes eines Arbeitnehmers kann vorliegen, wenn er einem ständigen lückenlosen Überwachungsdruck dadurch unterworfen ist, dass der Arbeitgeber sich vorbehält, jederzeit ohne konkrete Hinweise den Arbeitsplatz durch versteckt aufgestellte Videokameras zu beobachten".
Eine Maßnahme der vorbezeichneten Art kann allerdings gerechtfertigt sein, wenn überwiegende schutzwürdige Interessen des Arbeitgebers sie erfordern. Hierzu bedarf des eines substantiierten Sachvortrages. 10
10 BAG, Urteil vom 7.10.1987 - 5 AZR 1116/87; BAG, DB 1988, S. 403.
- Hefendehl, der dabei vor allem auf die videogestützte Observation und die CCTV-Technik abhebt, stellt dazu fest:
Bei Maßnahmen des Rechtsgutsträgers selbst ist die vergleichsweise geringe Eingriffsintensität der Videoüberwachung zu beachten, die situativ am geschützten Rechtsgut anknüpft. Die spezialgesetzliche, der Gewährleistung des Rechts am eigenen Bild dienende Regelung des § 22 KUG gewährt keinen Schutz gegen die Herstellung von Abbildungen, sondern nur gegen ihre unzulässige Verbreitung oder öffentliche Zurschaustellung. Das Recht am eigenen Bild stellt zwar eine besondere Erscheinungsform des allgemeinen Persönlichkeitsrechtes dar, das auch durch § 823 Abs. 1 BGB Schutz genießt. Eine erforderliche Güter- und Interessenabwägung im Einzelfall wird aber bei einer unmittelbar auf das geschützte Rechtsgut bezogenen situativen Prävention keinen unverhältnismäßigen und damit unzulässigen Eingriff ergeben. Einen solchen hat der BGH lediglich in der Konstellation angenommen, in der die Beklagte auf ihrem Anwesen eine Videokamera installieren ließ, die einen Teil des Zugangsweges in seiner gesamten Breite umfasste. Mit dieser hatte sie nachts und in Zeiten ihrer Abwesenheit Aufzeichnungen vorgenommen. 11
11 Professor Dr. Roland Hefendehl, Berlin: Observationen im Spannungsfeld von Prävention und Repression, Strafverteidiger - StV 5/2000, 270 ff.
- (4) In der Übergabe eines hergestellten Fotos bzw. Videos an das Gericht liegt im übrigen keine Veröffentlichung des Fotos im Sinne von § 22 KUG vor.
c) Verletzung der Vertraulichkeit des Wortes (unbefugte Tonbandaufnahme, Belauschen, Lauschangriff, §§ 823 Abs. 2 BGB, 201 StGB
Im einzelnen:
- (1) Das Grundgesetz, das persönlichkeitsrechtliche Eigensphäre schützt, wird durch heimliche Tonbandaufnahmen verletzt
(2) § 201 StGB stellt unter Strafe, das nichtöffentlich gesprochene Wort eines anderen auf Tonträger aufzunehmen oder eine so hergestellte Aufnahme zu gebrauchen oder einem Dritten zugänglich zu machen. Dasselbe gilt für den Einsatz von Abhörgeräten und die öffentliche Mitteilung der somit unbefugt erlangten Kenntnisse an einen anderen (§ 201 Abs. 2 , Nr. 1,2)
(3) Es ist jedoch nicht rechtswidrig, ein privates Gespräch heimlich auf Tonband aufzunehmen, wenn der Gesprächspartner mit dem Gespräch rechtswidrige Absichten verfolgt und die Aufzeichnung dazu dient, in einer notwehrähnlichen Lage das Tatgeschehen beweiskräftig festzulegen 12
12 OLG Celle, NJW 1965, S. 677, zitiert in Schmidt-Bleibtreu/Klein, aaO, S. 137
- (4) Müller-Dalhoff führt aus, dass
auch der Einsatz von Detektiven als Lauschzeugen (...) als zulässig angesehen werden muss. Ein heimliches Belauschen von Gesprächen des geschädigten Betriebsinhabers mit einem verdächtigen Mitarbeiter stellt keinen Eingriff in dessen Persönlichkeitsrecht dar. Allenfalls bei zugesicherter Vertraulichkeit kann ein Verstoß in Betracht kommen, sofern die Interessen- und Güterabwägung im Einzelfall zu einem Vorrang der Persönlichkeitsrechte des Mitarbeiters gelangt. Das gleiche gilt für das heimliche Mithören von Telefongesprächen des verdächtigen Mitarbeiters mit Hilfe eines Zweithörers. Der Bundesgerichtshof hat diesbezüglich ausgeführt, dass das Mithören mit Hilfe eines Zweithörers keinen Verstoß gegen § 201 StGB begründe und auch keinen Eingriff in das Persönlichkeitsrecht des Betroffenen darstelle. Der Begriff des "Abhörgerätes" erfasse nämlich nicht die üblichen und von der Post zugelassenen Mithöreinrichtungen. Jeder Telefonbenutzer könne und müsse deshalb mit der Existenz und dem Einsatz solcher legalen Mithörgeräte rechnen. 13
13 Rechtsanwalt Dr. Müller-Dalhoff, zitiert in Tatort Betrieb, Freiburg i. Br. Seite 188.
d) Weitergabe nicht gesicherter ehrenrühriger Erkenntnisse über Dritte (§§ 823 Abs. 2 BGB, 185, 186 StGB) sowie sonstige Verstöße gegen strafrechtliche Schutznormen (§ 823 Abs. 2 BGB)
Es ist plausibel, dass die Weitergabe nicht gesicherter ehrenrühriger Erkenntnisse rechtliche Sanktionen nach sich ziehen kann. Festzuhalten bleibt, dass alle diese Verhaltensweisen zu Schadensersatzansprüchen insbesondere über § 823 Abs. 2 BGB i.V.m. der jeweiligen Schutznorm führen können, sowie zu Auskunfts-, Besichtigungs- und Unterlassungsansprüchen berechtigen.
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